"return to sender - Letters from Tentland"

Nur drei Prozent der Weltbevölkerung sind Migranten. Aber die reiche Welt hat mit dieser Minorität ein Problem. Ihre Flucht aus der heimatlichen Sesshaftigkeit in eine ungewisse Existenz führt nicht eben zu vermehrter Gastfreundschaft. Zwischen Gesetzen und polizeilicher Praxis tanzen sie wie Zelte im Wind.

Zelte tanzen.
Helena Waldmanns Inszenierungen zählen wegen ihrer großen «Not-Wendigkeit» zu den derzeit politisch bedeutsamen Arbeiten im Tanz. Im Anschluss an das Internationale Fadjr Theaterfestival 2004 in Tehran gab sie als erste westliche Choreografin einen Workshop für Frauen der Islamischen Republik. Aus diesem fruchtbaren Zusammentreffen entstand mit Unterstützung des Dramatic Art Centers Teheran und des Goethe Instituts das Stück "Letters from Tentland".
Ein Jahr später, auf dem Fadjr Festival 2005, fand die Uraufführung statt. Der Siegeszug der Zelte reiste ein Jahr lang um die Welt und nach 43 Vorstellungen in 17 Ländern folgte für das Festival Montpellier Danse 06 ein neues Stück, das den Blick auf das Thema grundsätzlich änderte. Die iranischen "Briefe aus dem Zeltland" werden nun von Exil-Iranerinnen überschrieben, beantwortet und "Zurück zum Absender" geschickt.

In "Return to Sender" performen sechs Exil-Iranerinnen in den Zelten, die ihre Kolleginnen aus Teheran zurückgelassen haben, Zelte, mit denen sowohl die einen als auch die anderen ihre Sehnsüchte verhüllen. Für Exilanten ist das Zelt ein Zeichen ihres unsteten Lebens und auch ein Stück Heimat, das sie nie loswerden. Sie tänzeln auf dem Grat der zwei Kulturen, und stoßen sich an beiden Seiten heftig. So wirbeln die Zelte umher wie ein aus zwei Richtungen wehender Wind, falten und entfalten sich, um aufzureißen wie Umschläge, aus denen Briefe aus dem Exil fallen. Eingesperrte Botschaften in Bewegung, die von Heimat als Puzzle aus Erinnerungen, von drohender Abschiebung, vom Dazwischen- und vom Anderssein berichten. Und zwischen den Zeilen lesen wir, wie sie gegen die Angst arbeiten, wie sie versuchen, sich durch die Angst nicht kontrollieren zu lassen.